Das “Pottlament” (Parlament) bildete den Mittelpunkt des Dorfes und ist es bis heute geblieben. Hier wurden die ortsinternen Angelegenheiten besprochen und in Szene gesetzt. Hier wurde auch vor Jahrhunderten die Junggesellen-Schützenkompanie aus der Taufe gehoben. Das

Kernstück der Königskette von 1724 zeugt von diesem Ereignis.

Bild: Kernstück der Königskette

 

Im Jahre 1725 schenkte Richter Fabrisius der Kompanie eine neue Fahne. Zur kirchlichen Fahnensegnung marschierte die Kompanie unter Führung des Kapitäns Baumann und Fähnrich Wins trotz Verbotes und Strafandrohung des Reeser Magistrats unter Trommelklang zur Reeser Kirche. Obwohl der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I die Aufhebung aller Schützengilden mit der Begründung:” Schützenspiel ist Müßiggang” verboten hatte, kümmerten sich die Schützen von Esserden wenig um das Verbot und versuchten, dem allzu königstreuen Reeser Magistrat Schwierigkeiten zu bereiten.

 

Im Jahre 1735 kam es sogar zu einem ernstlichen Konflikt zwischen dem Magistrat und den Schützengilden. Der Anlass zu diesem Konflikt war die geschlossene Teilnahme der Reeser Schützengilden und der Esserdenschen Junggesellen - Schützenkompanie bei der Einführungsfeier für den neuen Propst, sowie die Ausschmückung der Straßen und die Stellung des Ehrengeleites bei der Fronleichnamsprozession. Weil die Bemühungen des Magistrats, das Verbot der Schützengilden durchzusetzen erfolglos blieben, forderte dieser im folgenden Jahr zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die in seinen Augen ja gefährdet schien, für die Dauer der Sakramentsprozession von der Garnison in Wesel eine Kompanie Soldaten an.

Die Gründung der Schützenbruderschaft Esserden im 17. Jahrhundert ist durch das Hauptstück der Königskette belegt. Es ist eine gotische Silberplatte. Unter der Krone, die den oberen Teil der Platte schmückt, sind die Namen der Gründer des Vereins eingraviert. Weitere handgearbeitete Silberplatten sind aus der Zeit von 1724 bis 1863. Es darf angenommen werden, dass diese Silberplatten aus der Werkstatt einer berühmten Silberschmied Familie aus Esserden stammen. Auf dem Gehöft von Max Jansen wohnte um die Mitte des 18. Jahrhunderts der Silberschmied Peter Otten, verheiratet mit Johanna Cöster, Tochter des Posthalters Nicolaus Cöster und Hendrina Willemsen aus Speldrop (heute Rossmüller - Bruns).

Königsplaketten der Vrasselter Schützenbruderschaft aus den Jahren 1763-1769 sowie Arbeiten für die Halderner -, Bislicher und Kevelearer Bruderschaft zeugen von dem Ruhm dieses Silberschmiedes.

Die Junggesellen-Kompanie blieb, als einziger ortsansässiger Verein, noch lange der gesellschaftliche Mittelpunkt des Dorfes. Im Jahre 1798 erging eine königliche Verfügung zur Auflösung der Schützengilden und Bruderschaften. In dieser Zeit scheint sich auch die Bruderschaft Esserden in einen weltlichen Verein umgewandelt zu haben. Der Überlieferung nach hat dieser Verein im Jahre 1863 sein letztes Schützenfest in “de Laak” in Speldrop gefeiert. Hierbei soll es zu einem wüsten Gelage und schweren Ausschreitungen gekommen zu sein. Daraufhin wurde das Vereinsleben eingestellt, der Verein als solcher aber nicht aufgelöst, denn am 22. und 29. Januar 1876 findet sich im “Niederrheinischen Volksboten” folgende Anzeige:

 

 

Schützen – Verein in Esserden

 

Zum Zwecke einer Besprechung über Vereinsangelegenheiten werden die Mitglieder des Vereins auf Sonntag den 30. des Monats nachmittags 3 Uhr zu einer Versammlung beim Wirte Joh. Funk in Speldrop freundlichst eingeladen.

Der frühere Hauptmann H.  W. 

 

 

Über den Inhalt und Ablauf der Versammlung wurde nichts bekannt. Es wurde wohl kein Wiederaufleben des Vereins bewirkt.

 

 

Erste Schritte auf dem Weg zur Wiederbelebung

 

Es hat 45 Jahre gedauert bis der Schützenverein Esserden wieder Erwähnung findet. Die Chronik des Schützenvereins beginnt mit einem Zeitungsartikel der im Folgenden wortwörtlich wiedergegeben wird:

Esserden, 12. März 1921. Eingesandt. Den meisten Bewohnern der drei Gemeinden mag es bis heute noch unbekannt, dass wir noch über einen Schatz verfügen, der heute einen Wert von Bürgerschützenvereins Esserden, die im Rathaus aufbewahrt und auf Wunsch verschiedener Gemeinderatsmitglieder gelegentlich der letzten Sitzung vom Herrn Bürgermeister vorgelegt wurde. Die Kette ist etwa ein Meter lang und besteht aus zahlreichen silbernen Platten die von den jeweiligen Schützenkönigen und -Königinnen gestiftet wurden. Das älteste Schild stammt aus dem Jahre 1724, hat also das stattliche Alter von 200 Jahren. In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde hier das letzte Schützenfest gefeiert und kann sich noch einige alte Veteranen des Festes, das sie als Kinder mitmachten, erinnern. Wenn auch heute wegen der kriegerischen Stimmung unter den Völkern und - Gott sei’s geklagt - auch unter den Bürgern, an ein Wiederaufleben des Vereins nicht gedacht werden kann, so mögen diese Zeilen doch dazu dienen, unseren Kindern das Vorhandensein dieser historischen Kette ins Gedächtnis zu bringen, damit es ihnen vergönnt sei, sich in friedlichen Zeiten mit diesem Schatz zu schmücken, der einst von unseren Vätern und Großvätern in glücklicherer Zeit gestiftet wurde.

 

Dieser Zeitungsartikel, dessen Verfasser uns unbekannt ist, hatte seine Wirkung nicht verfehlt. So dürfen wir einen weiteren Ausschnitt vorstellen, der als Startschuss zur Wiederbelebung des Vereins verstanden werden darf:

 

1926   Ar, Esserden, 17. September. Schützenverein Esserden, Speldrop, Reeserward. Wie aus dem Anzeigenteil der heutigen Ausgabe ersichtlich, findet am Sonntag, den 19. September, abends 7 Uhr, im Saale Holzum eine Versammlung statt mit der Tagesordnung:” Wiederbelebung des Schützenvereins.” Wenn auch heute noch wegen der wirtschaftlichen Notlage eines großen Teils des deutschen Volkes an Neugründungen von Vereinen zum Zwecke öffentlicher Vergnügungen noch nicht gedacht werden sollte, so sind doch hier andere Ideale die leitenden. Unsere Vorväter haben den Verein bereits vor 200 Jahren gegründet. Wir wollen durch die Wiederbelebung eine Zusammenfassung aller Bürger unserer Gemeinden ohne Ausnahme. In unserer Landgemeinde sollte es keine Klassenunterschiede geben, ob Grundbesitzer oder Landarbeiter, ob Handwerker oder Geschäftsmann, wir gehören alle zusammen, wir sind alle Bauern. Wenn wir jahraus, jahrein dieselbe Scholle bebauen, dann wollen wir auch zusammen uns einige Tage der Freude hingeben, und das soll im Schützenvereine geschehen. Drum auf zur Tat!

 

Am 19. September fand die angekündigte Versammlung statt. Obwohl sich in einer Zirkulierliste 94 Bürger für die Wiederbelebung des Vereins ausgesprochen hatten, wurde das Für und Wider in einer langen Diskussion abgewogen. Bei der sich anschließenden Abstimmung wurde die Wiederbelebung des Schützenvereins Esserden mit großer Mehrheit beschlossen. In den provisorischen Vorstand wurden einstimmig gewählt:

 

Vorsitzender                Bürgermeister Frey

Stellvertreter              Ortsvorsteher Willy Markett

des weiteren               Heinrich Lieving

                                Jacob Markett

                                Johann Alipaß jun.

                               Ortsvorsteher Robert Köster

als Beisitzer                Otto Baumann

als Schriftführer          Hubert Bünk

 

Der provisorische Vorsitzende ermahnte die gewählten Vorstandsmitglieder und alle Anwesenden, noch rege Werbearbeit zu üben, damit die noch Außenstehenden sich alle dem Verein anschließen mögen. Er schloss mit der Hoffnung, dass das schöne Band der Einigkeit, das alle Bewohner der drei Gemeinden bisher so treu verbunden habe, sich noch fester schlingen möge.

In der folgenden Zeit wurde wohl sehr intensiv an dem wiederbelebten Schützenverein gearbeitet. Der provisorische Vorstand erarbeitete, eine neue Satzung, die im Entwurf am 26.Janur 1927 vom Herrn Bürgermeister Frey an Herrn Johann Alipaß geschickt wurde.

 

Bild: Auszug aus den ersten Statuten von 1927

Auf diese Satzung verpflichteten sich in einer Generalversammlung am 6. Februar 1927 77 neue Mitglieder indem sie sich eigenhändig in eine Liste eintrugen. Eine Niederschrift über diese Generalversammlung ist nicht mehr vorhanden, wohl aber die erste Mitgliederliste

 

Bild: Erste Seite der Mitgliederliste 1927

 

Einer Versammlung folgte die nächste. Bereits am 13. März traf man sich wieder. Etwa 40 Mitglieder waren anwesend. Thema des Abends war die Gestaltung des Festes der Wiedergeburt des Vereins das am 10. und 11. Juli gefeiert werden sollte. Es wurde beschlossen, zu diesem Fest als Gastvereine den Bürgerschützenverein Rees, den Bürgerschützenverein “Tell” Rees, den Allgemeinen Schützenverein Rees-Feldmark Groin und Bergswick, den Bürgerschützenverein Bienen und den Schützenverein Grietherbusch einzuladen. 31 Mitglieder entschlossen sich zur Anschaffung eines Hutes. Außerdem sollten 5 Offiziersleibbinden bestellt werden. So nahm der wieder gegründete Schützenverein auch äußerlich Gestalt an. Eine weitere Versammlung am 26. Juni befasste sich fast ausschließlich mit dem bevorstehenden Fest. Eine rege Aussprache zeugte von dem Interesse, aber auch von einer gewissen Vorfesttagsstimmung die auch heute noch in den letzten Wochen vor Schützenfest im Dorf zu spüren ist. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Bedingungen zum ersten Königschießen. Wegen der Bedeutung sind sie hier im Original Wortlaut wiedergegeben.

 

“Es wurde beschlossen dass diejenigen Mitglieder, welche nicht als Ansässig zu betrachten sind von der Bewerbung um den Königsschießen auszuschließen. Das eigentliche Königschießen beginnt nach Abschuss der Preise. Diejenigen Mitglieder welche sich um den Königsschuss bewerben, wird es zur Pflicht gemacht, einem von Obersten zu benennenden, Vorstandsmitglied seine von ihm in Aussicht genommen Königin zu nennen und die Versicherung abzugeben, dass die betroffene Dame auch tatsächlich bereit ist, die Königinnenwürde anzunehmen. Das beauftragte Vorstandsmitglied hat die Pflicht des Schweigens über diesbezügliche Angaben.”

 

Es wurden aber auch Festordner, ein Absperrkommando zwei Feuerwerker und ein Kanonier gewählt, sowie Eintrittsgelder und das Tanzgeld festgelegt. Als Festwirt fungierte Johann van Gemmern der auch den ersten Königs-Vogel stiftete. Den Vogel für das Preisschießen stiftet P. Tönnissen.

Das eigentliche Fest der Wiedergeburt des Vereins ist in sehr glanzvollem Rahmen abgelaufen. Die Schriftführer Theodor Alipaß hat das Geschehen mit solch eindrucksvollen Worten wiedergegeben, die eine Kürzung nicht erlauben. Der Bericht über das erste Fest wird deshalb ungekürzt wiedergegeben

 

 

Das Fest der Wiedergeburt des Vereins!

 

Das langersehnte schöne Fest liegt nun bereits hinter uns! Es gehört der Vergangenheit an! Wer hätte sich das Fest wohl so glanzvoll vorgestellt! Trotz des ununterbrochenen Regens am Samstag, den 9. Juli fanden sich abends zur festgesetzten Zeit die Mitglieder fast vollständig (es fehlten nur drei) im Festzelt zusammen. Das äußerst schlechte Wetter hatte die Feststimmung der Schützen nicht im Geringsten beeinträchtigt. Nach Abholen des Herrn Obersten setzte gleich die Generalversammlung ein. Zum Punkt 1 der Tagesordnung: Aufnahme neuer Mitglieder, meldeten sich wiederum fünf Herren zur Aufnahme. Der Vorstand beschloss einstimmig durch geheime Abstimmung die Aufnahme folgender Herren: Ernst Göring, Johann Gerling, Johann Scholten, Gerhard Wellmanns und Bernhard van Bruck

 

Der Oberst begrüßte die neuen Mitglieder und forderte sie auf, immer für die Ehre des Vereins einzutreten und treue Mitglieder zu sein und zu bleiben. Hierauf wurden vom Schriftführer die Verlosungen für das Preis- und Königschießen verlesen. Die Bedingungen wurden von der Versammlung einstimmig angenommen. Die Verlosung er Schießnummern wurde auf Vorschlag vom Obersten vorgenommen. Nach Erledigung dieser Arbeit wurde im Schein einer    Taschenlaterne der erste Vogel aufgesetzt. Als der stolze Adler so allmählich in die Luft schwebte, hegte wohl manches Mitglied den stillen Wunsch, am folgenden Festtag durch einen wohlgezielten Schuss auch einen Preis zu erringen. Nach Rückkehr in das Festzelt blieben die Mitglieder noch recht lange in heiterster Stimmung zusammen.

Fast schien es, als sollte uns am ersten Festtage gutes Wetter beschieden sein. Jedoch wurden wir mittags beim Empfang der eingeladenen Vereine eines Besseren belehrt. Es regnete in dem Augenblick so gewaltig, dass es fast nicht zu beschreiben ist. Alles und Jeder war durchnässt. Aber trotzdem verlor keiner den Humor. Es folgte nun, sobald sich das Wetter wieder gelegt hatte, der Marsch zum Denkmal. Hierselbst konnte bei herrlichstem Sonnenschein der Festakt vor sich gehen. Der Wettergott hatte wenigstens für diese kurze Zeit Einsicht genug um die Schleusen des Himmels zu schließen. Der Oberst ergriff nach erfolgter Aufstellung das Wort um zu bekunden, dass endlich der große Tag der Wiedergeburt des Schützenvereins herangebrochen sei. Er begrüßte sodann ganz besonders der Herrn Bürgermeister Frey Rees-Land und betonte, dass der Schützenverein es ihm stets danken wird, dass er durch seine hervorragende Arbeit das Wiederaufleben des Vereins ermöglicht habe.

 

Sodann begrüßte der Oberst die Altersveteranen des Vereins, Friedrich Th. Holzum, Hermann Jansen, Johann Kruß und Gerhard Ruyter, welche als noch lebende Zeugen einstiger Glanzzeit des Schützenvereins gern von der Einladung zur Teilnahme an der Feier der Wiedergeburt gefolgt waren. Der folgende Gruß galt den eingeladenen Brudervereinen von Grietherbusch, Bienen, Rees Feldmark Groin und Bergswick, “Tell Rees und Bürgerschützenverein Rees. Die Vereine waren in überaus großer Zahl vertreten. Nun ergriff Bürgermeister Frey das Wort zu einer weisvollen Rede. Er übergab in feierlicher Weise die alte historische Schützenkette, welche von der Ehrendame Frl. Ida Kemkes und Frl. Adele Pinders getragen wurde, dem Oberst als treues Vermächtnis und Erbstück guter alter Väter Sitte Sodann gedachte der Herr Redner, der im Weltkrieg gefallenen Helden und hob hervor das bereits am Vorabend vom Vorstand dem Verein zur Ehre derselben ein Kranz am Denkmal niedergelegt wurde.

 

Der Aufforderung, ein dreifaches donnerndes Hoch auf unser geliebtes Vaterland auszubringen fand brausenden Widerhall. Nachdem das Deutschlandlied verklungen war, trug Frl. Ida Kemkes einen sehr schönen, von Schützenbruder Herrn Lehrer Döppers verfassten Prolog vor. Der Oberst nahm nun die alte historische Schützenkette in Empfang mit dem Gelöbnis:” Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.” Auf den geplanten Festzug wurde wegen heranziehender Gewitter verzichtet. Nun ging es gleich zum Festzelt. Gleich darauf nahm das Preisvogelschießen seinen Anfang. Dem stolzen Vogel wurde kräftig zu Leibe gegangen. Den ersten Preis errang unter brausendem “ Hurra” der Schützenbruder H. Liewing. Die folgenden Preise erhielten:  Aug. Fehlings. den II., Herrm. Giesen den III, Heinr. Hövelmann den IV. Heinrich Borkes den V Preis und Herr Lehrer Döppers errang die Würde eines Vizekönigs. Unter großem Jubel wurde der Vizekönig in das Zelt geleitet. Während des Schießens fand ein flotter Freiball statt. Um 9 Uhr folgte dann ein großer Festball.

 

 

Der zweite Tag, der Hauptfesttag für die Mitglieder brachte günstigeres Wetter. Beim Antreten um 10 Uhr waren alle vollzählig zur Stelle. Nach Abholen des Herrn Obersten und Begrüßung des Herrn Bürgermeisters wurde sofort mit dem Königschießen begonnen. Allzu schnell waren die Preise erledigt. Nur 52 Schuss waren nötig um alle 5 Preise herunter zu holen. Ein Zeichen, das der Verein über gute treffsichere Schützen verfügt. Schützenbruder Bernhard Blümer errang den 1. Preis. Wilhelm Pinders den 2., Wilhelm Arntz den 3., Theodor Verhoeven den 4. und Theodor Köster der 5. Preis. Mit einem brausenden “Hurra” wurde der Abschuss eines jeden Preises quittiert. Jetzt setzte das eigentliche Königschießen ein. Die Beteiligung war eine sehr große. Waren es doch 29 Schützen, welche sich um die erste Königswürde bewarben. So wurde dann auch dem Rumpf des stolzen Vogels arg zugesetzt. Schuss auf Schuss waren Volltreffer. Es schien fast, als sei das stolze Tier kugelsicher. Denn sehr lange hielt er der Treffsicherheit der Schützen stand. Aber immer näher kam das Ziel immer erwartungsvoller standen die Schützen um den Schießstand geschart. Da auf einmal mit dem 246. Schuss hatte ein gut gezielter Treffer den letzten Rest des stolzen Vogels von der Stange heruntergeholt. Der Königsschuss war gefallen. Der glückliche Schütze, Schützenbruder Theodor Alipaß hatte die höchste Würde des Vereins die Königswürde errungen.

Unter brausendem Jubel und in freudiger Begeisterung wurde seine Majestät auf den Schultern in das Festzelt getragen nachdem ihm vom Obersten die alte ehrwürdige Königskette und ein Lorbeerkranz umgehangen war. Hierauf folgte die Benennung des ganzen Hofstaates. König Theodor I erwählte Frl. Maria Lesaar zur Königin; so hatte der Verein auch wieder eine Königin erhalten. Die Wahl wurde mit lautem Beifall aufgenommen. Der übrige Hofstaat setzte sich zusammen aus Heinrich Pinders mit Frau Wilhelm Lesaar, Wilhelm Lesaar und Frau Theodor Alipaß, Herm. Döppers mit Frau Aug. Van Gemmern, Aug. van Gemmern mit Frau Herm. Döppers, Willi Markett mit Frau Jakob Markett, Jakob Markett mit Fräulein Römer. Heinr. Alipaß mit Frl. Luise Tönnissen, Theodor Tekolf mit Frau M. Janssen.

 

 

 

Bild: König von 1927 Theodor Alipaß

 

Herr Bürgermeister Frey gehörte außerdem dem Hofstaat als Ehrengast an. Gegen 3 Uhr nachmittags wurde unter klingendem Spiel seine Majestät nach Hause begleitet. Nachdem König Theodor I die Paradeaufstellung nochmals abgeschritten hatte, wurde kurze Rast gemacht, um Kräfte zu sammeln für den bevorstehenden Krönungsball. Um 6 Uhr wurde seine Majestät und ihre Majestät Königin Maria am Hause des Königs abgeholt um im Vereinslokal von dem übrigen Hofstaat empfangen zu werden. Während dessen nahm das schneidige Schützenbataillon vor dem Festzelt Paradeaufstellung. Die Majestäten sowie der gesamte Hofstaat nahmen hierauf die Front ab. Hierauf folgte ein Zug durch das Dorf und konnte nach Rückkehr zum Festzelt der große Krönungsball beginnen. Derselbe nahm einen äußerst schönen Verlauf. Allzu schnell waren die schönen Stunden dahingegangen. Gegen 3 Uhr morgens nahm das langersehnte Schützenfest sein Ende. Die Majestäten wurden vom Bataillon nach Hause begleitet. Hier trennte man sich mit einem herzlichen “ Auf Wiedersehen”.

 

Der Schützenverein darf stolz sein, dass das Fest der Wiederbelebung einen so schönen harmonischen Verlauf genommen hat. Ein großer Verdienst hat sich unser, von allen Schützenbrüdern verehrter Oberst August van Gemmern erworben, weil er es so ausgezeichnet verstanden hat, das ganze Fest zu leiten.

Möge nun der Verein immer bestehen bleiben und die Einwohner der drei Gemeinden immer näher zusammenbringen zum Wohle eines jeden Einzelnen und zum Wohle der Allgemeinheit.

Soweit der Bericht über das Fest der Wiedergeburt. Die Entwicklung des Vereins sollte zügig weitergehen.

 

Bild: Fest der Wiedergeburt 1927

 

1928 In der Generalversammlung am 8. Januar 1928 wurde beschlossen  am 29.Januar einen Familienabend zu veranstalten. In der gleichen Versammlung wurde die Anschaffung einer Vereinsfahne angeregt, aber aus finanziellen Gründen noch einmal zurückgestellt. Der Wunsch nach einer eigenen Fahne, die dem Verein vorangehen sollte muss doch sehr groß gewesen sein. Schon am 26. Februar konnte man die Anschaffung beschließen. Sie wurde zum Preis von 600,- Reichsmark bei der Bonner Fahnenfabrik in Auftrag gegeben und in der Generalversammlung am 17. Juni zum ersten Mal vorgestellt. Sie wurde anlässlich des Schützenfestes feierlich ihrer Bestimmung übergeben. Eine weitere Anregung zur Gestaltung des Schützenvereins Esserden kam durch den Hauptmann Tekolf, in dem er die Bildung einer Reiterabteilung vorschlug. Als Rittmeister wollte sich Jacob Markett zur Verfügung stellen.

 

1930 Der endgültige Beschluss hierzu sollte aber erst am 19.September 1930 gefasst werden.  Die Reiterabteilung hatte in den folgenden Jahren die ehrenvolle Aufgabe, den Bürgermeister Frey von Rees nach Esserden zu begleiten. In diese diesem Jahr fand zu ersten Mal eine Schützenfestnachfeier statt. Hierbei wurde ein Preisflatterschießen durchgeführt, bei dem 10 Preise zu gewinnen waren. Der Gewinner dieses Schießens war Heinrich Liewing.

 

1931 Dieses Jahr brachte für den Schützenverein einige schwerwiegende Entscheidungen. Der Euphorie der ersten Jahre wurden Grenzen gesetzt, als der Festwirt das Finanzielle Risiko des großen Festzeltes nicht mehr tragen konnte. Das Schützenfest sollte fortan im Saale stattfinden. Eine für die Schützen schmerzliche Entscheidung. Der Vorstand befasste sich am 3.7.1931 zum ersten Mal mit dem Gedanken, sich den Schützenbruderschaften vom Hl. Sebastian anzuschließen. Herr Kaplan Stegermann brachte den Vorschlag ein, die Vereinsfahne kirchlich weihen zu lassen, damit die Fahne bei Beerdigungen mit zum Gottesdienst genommen werden könne. Zur Klärung dieser Frage wurde durch Dechant Elbers ein Herr des Generalvorstandes gebeten, ein Referat zu halten. In Anwesenheit von Herrn Dechant Elbers, Herrn Kaplan Ingenlath und Herrn Lehrer Döppers wurde vereinbart diese Frage in einer Generalversammlung zu behandeln. Herr Studienrat Dr. Hollands sollte in ausführlicher Weise den Sinn und Zweck eines Anschlusses aufklären. Anlässlich des Schützenfestes zogen die Schützen erstmals nach Rees um gemeinsam Gottesdienst zu feiern zu Erflehung einer guten Ernte und zur Fürbitte für die verstorbenen Schützenbrüder. Darüber hinaus wurde dem Aufzug der Esserdener Schützen von der Bevölkerung große Beachtung geschenkt. Die Generalversammlung vom 13. September 1931 war für den Schützenverein Esserden von herausragender Bedeutung. Nachdem die Schützen in einem Vortrag von der Tragweite eines Anschlusses des Vereins an die Bruderschaften vom Hl. Sebastian unterrichtet wurden, verließen die geistlichen Herrn den Saal, um die Abstimmung durch ihre Anwesenheit nicht zu beeinflussen. Auf Wunsch der Mitglieder wurde geheim abgestimmt. Gut 2/3 der anwesenden Mitglieder stimmten für den Anschluss und damit für die Umbenennung des Vereins zur St. Irmgardis Schützenbruderschaft Esserden-Reeserward-Speldrop.

 

1932 Die neue Bruderschaft brauche natürlich wieder eine neue Fahne. Die Schützenbrüder hatten es wohl eilig, denn in der Versammlung am 30.Juni konnte Fahnenträger Jacob Eul die neue Bruderschaftsfahne vorstellen, die großen Beifall fand. Am Montag, den 11. Juli waren fast alle Schützenbrüder pünktlich zur Stelle um den Weg nach Rees zum Leviten Hochamt anzutreten. Vor dem Hochamt fand die Weihe der neuen Bruderschaftsfahne statt nachdem Dechant Elbers ein Lebensbild der Hl. Irmgardis entwickelte und den Schützen als Vorbild empfahl. Die Hinwendung zur katholischen Kirche brachte den Schützen weitere Verpflichtungen, die man mit großem Eifer erfüllte.

 

Bild: Bruderschaft nach dem Hochamt 1932

 

Am 4. September nahm die Bruderschaft mit großer Zahl am Katholikentag in Essen teil. Es war ein beeindruckendes Ereignis, am Haupteingang zum Altar der Ordnungsdienst zu versehen, und zum ersten Mal die große Schützenfamilie zu erleben.

 

1933 In diesem Jahr setzten sich diese Ereignisse fort. Am 30. April zogen auf Einladung von Herrn Dechant Elbers 52 Schützen nach Rees, um ihrer Pflicht als Mitglied der Bruderschaft zum Sakramentenempfang zu genügen. Erstmals nahmen in diesem Jahr die Schützenbrüder mit ca. 70 Mann an der Fronleichnamsprozession teil.

Eine imposante Veranstaltung stellte das 100-jährige Jubelfest des Bürgerschützenvereins Rees dar, an dem auch eine stattliche Abordnung aus Esserden teilnahm.

Aber auch andere politische Einflüsse wurden spürbar. Am 5. November wird die Generalversammlung zum ersten Mal mit einem “Sieg Heil” geschlossen.

Eine Abordnung der Bruderschaft nimmt an der Herbstdelegiertentagung des Bundes der historischen Bruderschaften der Kreise Rees-Moers teil. Die entsprechende Frühjahrtagung 1934 soll in Esserden stattfinden, was sicher ein Vertrauensbeweis für die noch junge Bruderschaft darstellte.

 

1934 Der Namensgeberin der Bruderschaft erwiesen die Schützenbrüder alle Ehre, indem sie auf Wunsch von Dechant Elbers am 18.März an der St. Irmgardis-Tracht teilnahmen. Anlässlich der Fronleichnamsprozession übernahmen die Schützen die ehrenvolle Aufgabe der Ehrenwache an den Altären. Herr Dechant Elbers überreicht der Bruderschaft das päpstliche Ehrenkreuz aus Anlass des 210-jährigen Bestehen der Bruderschaft.

Bild: Überreichung des päpstlichen Ehrenkreuzes 1934

 

Das Stiftungsfest in diesem Jahr verdient besonders hervorgehoben zu werden. In der Versammlung unterrichtet Herr Major Alipaß die Schützenbrüder vom Rücktritt des Oberst August van Gemmern. Er schlägt den bisherigen Schriftführer Theodor Tekolf als Nachfolger vor, der ohne jeglichen Wiederspruch angenommen wird.

Bei einem weiteren bedeutenden Ereignis in Rees durften die Esserdener Schützen nicht fehlen. Als am 12. September der hochw. Herr Bischof Klemens August Graf von Gahlen Rees besucht, stellen die ca. 60 Schützenbrüder das Ehrengeleit.

 

Am 15.10.1934 findet in Esserden die Delegiertentagung des Bundes der Historischen Bruderschaften der Kreise Moers-Rees statt. Ein Zeichen für die Anerkennung der noch jungen Bruderschaft in diesem Kreis und der Bereitschaft der Esserdener Schützen, sich auch überörtlich einzubringen. Am 25.11. nehmen die Schützen mit großer Zahl an einem Schützentag in Xanten teil.

 

1936 Die politischen Einflüsse und Einflussnahmen dieser Zeit machen auch vor der Bruderschaft in Esserden nicht halt. In der Generalversammlung vom 19. April wurde beschlossen, sich dem deutschen Schützenbund anzuschließen. Aus dem Brudermeister wurde nunmehr ein Vereinsführer. Die Bruderschaft sollte jedoch noch nicht aufgelöst werden, wenn das nicht von amtlicher Seite aus geschehe. Aber bereits vom Schützenfest berichtet die Chronik nicht mehr von einem Kirchgang, stattdessen taucht der Begriff der “nationalen Weihelieder” auf.

 

1937 In der Versammlung vom 7. März wird eine Jungschützenabteilung gegründet. Im Übrigen wird die Einflussnahme der NSDAP immer Stärker.

 

Bild: Königspaar 1937 Franz Rullofs & Bernhardine Verhoeven.

 

Nach 1939 kam das Vereinsleben infolge des 2. Weltkrieges zum Erliegen.